Kirsten Petersen, Sie sind die Neue bei Vox und dann doch nicht so ganz…

(lacht) Ich bin tatsächlich schon seit 1999 hier in der Sendergruppe und habe lange mit einem großen Herz für gute Unterhaltung diverse Programme bei RTL verantwortet. Privat habe ich aber auch schon immer gerne Vox-Formate wie „First Dates“ und „Das perfekte Dinner“ geguckt - wenn die Zeit es erlaubte, auch noch vieles mehr. Meine Affinität zu Vox hat wohl auch Bernd Reichart gespürt, als er mir 2019 die Position der Vox-Unterhaltungschefin anvertraute. Den Sender jetzt als Programmgeschäftsführerin leiten zu dürfen, ist eine maximale Ehre und Freude. Da danke ich Stephan Schmitter sehr für sein Vertrauen. Und jetzt gebe ich mit dem tollen Vox-Team alles, um die rote Kugel noch heller strahlen zu lassen.

Weil Sie beide Sendermarken gut kennen: Wie differenziert sich Vox? Was ist überhaupt gemeint wenn es bei Ihnen heißt, ein Programm müsse „voxig“ sein?

Der Begriff „voxig“ beschreibt das Gefühl, das viele unserer Marken bei unseren Zuschauer*innen auslösen. Bei uns kann man sich wohlfühlen. Wir machen Programm, das wertschätzend, authentisch und dabei extrem unterhaltsam ist. Und das sehr erfolgreich. Die Vox-Markenwelt ist ein großer Schatz.

Alles wurde im Haus zuletzt auf die Marke RTL zugeschnitten: Ist Vox das gallische Dorf?

(lacht) Wohl eher großstädtisch, so klein sind wir als Nummer 2 der deutschen Privatsender nicht. Und unter dem Dach von RTL Deutschland ist Platz für viele starke Marken, auch für Vox. Im Linearen können wir durch die sehr klare, unterschiedliche Positionierung ganz wunderbar neben RTL glänzen. Und im Streaming haben wir mit RTL+ ein Zuhause beim führenden deutschen Streamingdienst gefunden. In Zeiten der Fragmentierung ist das ein riesiges Geschenk. Natürlich erschließt sich aufgrund des Namens und weil wir uns linear so klar voneinander abgrenzen, nicht jedem auf Anhieb, dass auch Vox auf RTL+ zuhause ist. Da wollen wir noch mehr Sichtbarkeit zeigen. Aber unsere Formate sind auch schon jetzt im Streaming sehr gefragt. Die „Shopping Queen“ mit Guido Maria Kretschmer hat sich zum Beispiel einen festen Platz unter den Top 20 auf RTL+ gesichert. 

Jetzt lief es aber - im Vorjahresvergleich - auch schon mal etwas besser: Wie bewerten Sie die aktuelle Performance von Vox?

Vox war in den vergangenen vier Jahren mit Marktanteilen zwischen 6,1 und 6,2 Prozent extrem stark und konstant. Im ersten Quartal haben wir jetzt leicht verloren. Das liegt auch daran, dass RTL zu Jahresbeginn noch stärker war als sonst. Und in der Daytime hat sich die Nutzung auch etwas verschoben. Den zweiten Platz bei den 14- bis 59-Jährigen konnten wir uns aber auch in den ersten Monaten dieses Jahres sichern und auf Platz 2 zu sein ist besonders schön, wenn RTL auf Platz 1 ist. Darauf ruhen wir uns aber natürlich nicht aus. Wir haben unsere Baustellen ganz genau im Blick und unser Programmchef Marcel Amruschkewitz und sein Producer-Team haben noch sehr viel schönes Programm in der Pipeline. 

War es so klug, „Kitchen Impossible“ gegen „Wer stiehlt mir die Show?“ ins Rennen zu schicken? 

Wir wussten natürlich um die Konkurrenzsituation und haben uns selbstbewusst dem Wettbewerb gestellt. Das hat auch durchaus funktioniert: Im Vergleich zur letzten Staffel haben wir linear zwar leicht verloren, aber trotzdem Marktanteile deutlich über Senderschnitt erzielt. Außerdem gehört „Kitchen Impossible“ auch zu den stärksten Vox-Formaten auf RTL+. Diese Verschiebung der Nutzung ist ja eine, die Zukunft hat. Insofern hat auch diese Staffel linear und im Streaming sehr viele Menschen erreicht. Trotzdem denken wir natürlich auch immer über alternative Programmierungen nach. 

Jetzt turnt Tim Mälzer inzwischen auch bei RTL rum. Bleibt er Ihnen bei Vox erhalten - und darf er das, auf zwei Sendern arbeiten? 

Solange der zweite Sender RTL ist, gerne. (lacht) Er ist bei RTL und Vox ja auch in unterschiedlichen Kontexten unterwegs. Bei RTL darf er in Showformaten die Sau rauslassen, bei uns macht er das hauptsächlich in der Küche. Tim ist uns extrem verbunden. Wir arbeiten schon seit über 20 Jahren mit ihm zusammen und ich bin mir sicher, dass er Vox als seinen Heimatsender bezeichnen würde. Letzte Woche habe ich ihn noch in Velbert getroffen, als wir ihn zum Drehauftakt der zehnten Staffel von „Kitchen Impossible“ mit einer kleinen Feier überrascht haben. „Kitchen Impossible“ geht also weiter, der Lieferservice übrigens auch! Tim liefert weiter ab – jetzt aber mit seinen größten Kontrahent*innen aus dem „Kitchen Impossible“-Universum, als nächstes mit Lukas Mraz und Max Strohe. Auch für Steffen Henssler geht’s bei Vox weiter: er hat sich nach zehn Duellen und einem Unentschieden zum Schluss aber dazu entschieden, den Lieferservice nicht weiterzuführen, sondern sich in einem neuen Format, einer neuen Herausforderung zu stellen. 

 

"Das 'Perfekte Dinner' spiegelt das Bedürfnis unserer Zuschauer*innen nach Heimeligkeit"

 

Bevor wir darauf zu sprechen kommen. Gekocht wird auch am Vorabend sehr erfolgreich, wo „Das perfekte Dinner“ gerade seinen x.ten Frühling erlebt. Warum eigentlich? Zeitgeist oder Veränderungen am Format?

Beides. Das Dinner ist im März volljährig geworden und hatte in der Jubiläumswoche die stärksten Marktanteile seit 2015. Das liegt daran, dass unser Produzent ITV Studios und unsere Redaktion mit unglaublich viel Leidenschaft daran arbeiten, das Format frisch zu halten. Es spiegelt aber auch das Bedürfnis unserer Zuschauer*innen nach Heimeligkeit wider. Wenn die Musik startet, weiß man: Entspannung, jetzt! Vielleicht ist es sogar auf seine „perfekt unperfekte“ Art eines unserer voxigsten Programme und übrigens auch eines, das sehr oft auf RTL+ geschaut wird.

Jetzt lassen Sie uns konkret werden: Was planen Sie Neues bei Vox?

Ich habe es gerade schon angedeutet, im Herbst haben wir auch mit Steffen Henssler etwas großes Neues vor: Wir sind in der Vorbereitung für „Deutschland grillt den Henssler“ und wer Steffen kennt, weiß, der Gegner kann ihm nicht groß genug sein. Deshalb tritt der selbsternannte Koch-King jetzt gegen Promis und Köche aus verschiedenen Regionen aus ganz Deutschland an. Das wird unser „Bundesvision Koch Contest“. Schon im Sommer werden wir außerdem das „Sing meinen Song“-Universum um „Sing meinen Schlager“ erweitern. Hier werden Sänger*innen aus der Schlager- und Deutschpop-Branche die bekanntesten Schlagersongs Deutschlands neu interpretieren. Wer dabei ist, kann ich jetzt noch nicht verraten, aber es wird ein großes Open-Air-Spektakel vor Live-Publikum. 

Außerdem kommt die Katze zurück ins Körbchen. Wir freuen uns, dass Daniela Katzenberger wieder zuhause ist. Da, wo bei „auf und davon“ einmal alles begann. Die Vox-Zuschauer*innen werden ganz andere Seiten von ihr kennenlernen, weil auch sie um viele Erfahrungen reicher geworden ist. Diese Langzeitbetrachtungen sind ja übrigens auch eine Qualität von Vox. Dafür ist auch unser Doku-Format „Wir werden groß!“ ein schönes Beispiel. Die mittlerweile 13-jährigen Teenager begleiten wir schon seit 10 Jahren und stellen sie jedes Jahr vor neue Herausforderungen. Dieses Mal leben sie probeweise in einem Internat. 

Ein weiteres großes Primetime-Format ist „Die Höhle der Löwen“, das mit enormen Vorläufen produziert wird. Wie geht es da über die aktuelle Staffel hinaus weiter?

Das stimmt, die aktuelle Staffel ist gerade erst bei uns angelaufen und wir sind schon wieder im Studio, um die Folgen für die nächste Season zu produzieren. Da haben wir zum 10-jährigen Jubiläum, das wir im Herbst ordentlich feiern werden, auf jeden Fall ein paar Überraschungen parat. Denn natürlich schauen wir uns mit unserem neuen Produzenten Endemol Shine Germany auch ganz genau an, wie wir dieses starke Format hier und da aufpolieren können, ohne den erfolgreichen Markenkern zu verändern. 

Das ist die Herausforderung bei langlaufenden Formaten. Davon hat Vox einige, aber wie sieht es mit neuen Ideen aus? Da war zuletzt nicht viel Erfolgreiches dabei…

Mit „Lege kommt auf den Geschmack“ und „Doc Caro – Jedes Leben zählt“ haben wir im letzten Jahr gleich zwei neue Primetime-Programme erfolgreich gestartet, die nun in die zweite Staffel gehen. Auch in diesem Jahr wollen wir, neben den bereits genannten Programmentwicklungen, natürlich neue Themen setzen. Eine betrifft zum Beispiel den Bereich „Public Value“, der uns sehr am Herzen liegt und zuletzt mit dem „Schwarzwälder Hirsch“ in jeder Hinsicht erfolgreich umgesetzt wurde. Deshalb arbeiten wir gerade an einem neuen spannenden Ansatz mit Tim Mälzer und André Dietz. Ein Stichwort, das ich dazu jetzt schon verraten kann: Es soll ein Generationen-Projekt werden.

 

"Sag niemals nie, aber aktuell haben wir immer seltener fiktionale Programme on air"

 

Was ist aus Ihrer Sicht der größte Mythos über Vox, wenn Sie mit Kreativen sprechen?

Oft kommen Produzenten mit kleinen, nischigen Programmideen zu uns. Wir lieben leise Töne, aber wir können auch laut. Vox ist schon lange kein Geheimtipp mehr, sondern bietet auch Must-See-Content - und das ganz ohne Sport und große Live-Shows. 

Und ohne deutsche Fiction? Das war in den Jahren nach „Club der roten Bänder“ immer mal wieder eine Farbe. Aber das ist Geschichte?

Sag niemals nie, aber aktuell haben wir immer seltener fiktionale Programme on air. Für starke Marken wie „And just like that“ machen wir natürlich auch weiterhin gerne eine Ausnahme. Grundsätzlich sind wir aber gerade im Begriff, den Mittwoch non-fiktional umzugestalten. Einige der dort geplanten Formate sind unseren Zuschauer*innen bereits bekannt, zum Beispiel unsere Eigenentwicklung „Feuer Wasser Erde Luft“, die schon recht erfolgreich bei uns gelaufen ist. Oder unser gerade schon erwähntes Rettungsformat mit Doc Caro, die mit ihrer empathischen Art ganz wunderbar zu Vox passt. Und dann kommt noch ein ganz neues Format: „110 im Dauereinsatz“, in dem wir Polizisten bei der Arbeit begleiten.

Von Realität zu Reality: Da ist man bei RTL und RTL+ sehr verliebt. Sie kennen das Genre aus ihrer beruflichen Karriere auch gut und Vox hat „First Dates Hotel“ im Programm, hatte sich mit „Survivor“ aber auch schon mal nen blaues Auge geholt…

Mein Herz schlägt sehr für Reality. Ich war früher bei RTL lange für den „Bachelor“ und den Dschungel zuständig und habe mit meinem Team in der Vox-Unterhaltung „Prince Charming“ und „Princess Charming“ verantwortet. Inzwischen haben wir auch ein eigenes Reality-Team, weil wir da Potential sehen. Die Herausforderung ist, Reality-Formate zu finden, die Vox-kompatibel sind und gleichzeitig auch bei RTL+ funktionieren, so wie „First Dates“ und „First Dates Hotel“ mit unserem großartigen Gastgeber Roland Trettl. 

Wären „Die Verräter“ unter der Prämisse fast besser bei Vox aufgehoben?

Da bin ich ein bisschen skeptisch. Es ist zwar ein sehr spannendes und unterhaltsames Format, aber wie „Survivor“ auch ein Mindgame, in dem es um Betrug und Verrat geht. Dass ein falsches Spiel gespielt wird, gehört also dazu. Und das wird vom Vox-Publikum nicht ganz so gern gesehen. 

Woran würden Sie sich in einem Jahr messen lassen wollen?

An zwei Dingen: Wir wollen den Platz 2 unter den Privatsendern verteidigen und das Wachstum von RTL+ weiter mit vorantreiben. Gerade konnten wir mit unseren Vox-Formaten das stärkste erste Quartal auf RTL+ feiern. Daran wollen wir anknüpfen. 

Frau Petersen, herzlichen Dank für das Gespräch.